Procédure civile
Assistance judiciaire gratuite devant l’autorité de protection de l’enfance
La désignation d’un conseil gratuit peut également se justifier dans une audience portant sur le droit de visite devant l’autorité de protection de l’enfant. Si la partie adverse a un avocat, le principe de l’égalité des armes renforce la nécessité, pour la partie adverse, d’être assistée par un défenseur gratuit.
État de fait
Un père de famille du canton de Soleure a demandé à l’autorité de protection de l’enfant et de l’adulte (APEA) un droit de visite pour sa fille. L’autorité a par conséquent ouvert une procédure et convoqué les parents à une audience commune. La mère de l’enfant a déposé une demande d’assistance judiciaire gratuite qui a été rejetée par l’APEA. La mère a obtenu gain de cause devant le Tribunal administratif soleurois.
Extraits des considérants
3.3. Die Beschwerdeführerin führt in ihrer Beschwerde im Wesentlichen aus, der vom Kindsvater beantragte Kontaktaufbau stelle einen durchaus komplexen Sachverhalt dar. Die Beziehung zwischen den Kindseltern sei geprägt von häuslicher Gewalt. Im Mai 2022 habe der Kindsvater die Beschwerdeführerin – einmal mehr im Beisein der gemeinsamen Tochter – mit einem Messer bedroht und ihr gesagt, er werde sie umbringen. Das Verfahren habe eine erhebliche Tragweite.
Die Kindseltern hätten drei gemeinsame Kinder, wovon nur der älteste Sohn Kontakt zum Vater habe. Aufgrund der schweren Gewalt des Vaters hätten der mittlere Sohn und die Tochter den Kontakt zum Vater abgebrochen. Wieso der Kindsvater den Kontakt lediglich zur Tochter wünsche und nicht zum mittleren Sohn, erstaune. Die Beschwerdeführerin spreche zwar Deutsch, jedoch nicht ausreichend, um ein Verfahren vor der Kesb zu verstehen und ihre Rechte wahrzunehmen.
4.1. Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit zur Wahrung ihrer Rechte notwendig, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Die bedürftige Partei hat Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung, wenn ihre Interessen in schwerwiegender Weise betroffen sind und der Fall in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, die den Beizug eines Rechtsvertreters erforderlich machen.
Droht das Verfahren besonders stark in die Rechtsposition der betroffenen Person einzugreifen, ist die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters grundsätzlich geboten, andernfalls nur, wenn zur relativen Schwere des Falles besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen der Gesuchsteller auf sich alleine gestellt nicht gewachsen wäre. Dabei sind neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts auch in der betroffenen Person liegende Gründe zu berücksichtigen, so das Alter, die soziale Situation, Sprachkenntnisse und allgemein die Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden. Massgebend ist auch das Prinzip der Waffengleichheit.
4.2. Die Kesb stützt sich in ihrer Begründung insbesondere auf einen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 19. September 2019 (VWBES.2019.200). Darin führte das Verwaltungsgericht aus, die sich stellenden Rechtsfragen über die Modalitäten und die Dauer des Besuchsrechts griffen nicht besonders stark in die Rechtsstellung des Kindsvaters ein, noch seien sie kompliziert oder vielschichtig (VWBES.2019.200, E. 3.3), weshalb die Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung nicht gegeben sei. Folglich sei das Gesuch um Beiordnung einer unentgeltlichen Rechtsbeistandschaft abzuweisen.
4.3. Das Bundesgericht hat zwar in diversen Urteilen, in welchen es um die Regelung des Besuchsrechts ging, die Notwendigkeit der Einsetzung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin verneint.
4.4. Die Rechtsprechung zeigt, dass die Verneinung der Notwendigkeit, eine unentgeltliche Rechtsbeistandschaft einzusetzen, stets einzelfallabhängig ist und nicht bloss – wie die Vorinstanz zu Unrecht ausführte – per se verneint werden kann, wenn es um die Regelung des persönlichen Verkehrs geht. Vielmehr kommen diverse weitere Kriterien hinzu, die es zu berücksichtigen gilt. Auch wenn der von der Beschwerdeführerin ins Feld geführte Grundsatz der Waffengleichheit durchaus ein gewichtiges Argument für die Gewährung der Einsetzung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin ist, ist der Vorinstanz beizupflichten, dass der Umstand, dass die Gegenpartei anwaltlich vertreten ist, nicht automatisch dazu führt, dass die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands geboten ist.
Vorliegend geht es nicht bloss um die Modalitäten eines Besuchsrechts, sondern um den Aufbau eines Kontaktrechts vom Vater zur Tochter. Die Beschwerdeführerin führt selbst aus, sie könne zwar Deutsch sprechen, jedoch nicht ausreichend, um ein Verfahren vor der Kesb zu verstehen und ihre Rechte darin wahrzunehmen. Sie habe offenbar der Kesb die Umstände nicht schildern können, warum sie grosse Angst vor dem Kindsvater habe, warum kein Kontakt zwischen Kindsvater und Tochter bestehe und warum sie nicht im gleichen Raum mit dem Kindsvater sitzen möchte.
Für einen allfälligen Aufbau eines Kontaktrechts sind dies jedoch entscheidrelevante Umstände. Ausserdem stellt sich die Frage, ob allfällige weitergehende Schutzmassnahmen zu prüfen sind. Aus diesen Gründen ist vorliegend die Einsetzung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin notwendig. Da eine Rechtsbeiständin einzusetzen ist, hat die Kesb auch den Verhandlungstermin neu anzusetzen.
4.7. Die Beschwerde erweist sich in der Hauptsache als begründet. Sie ist teilweise gutzuheissen. Ziffer 3.2 des Entscheids der Kesb vom 4. März 2024 wird aufgehoben, und das Gesuch um Beiordnung einer unentgeltlichen Rechtsbeiständin vor der Vorinstanz ist gutzuheissen.
Tribunal administratif du canton de Soleure, décision VWBES.2024.109 du 3.6.2024.
Procédure pénale
Des honoraires forfaitaires sont admissibles
Lorsqu’il n’existe pas de note d’honoraires, les tribunaux doivent estimer le temps nécessaire à la défense en se basant sur le dossier. Les honoraires forfaitaires sont admissibles, mais ils doivent être proportionnés au travail effectué.
État de fait
Un ministère public régional du canton de Zurich a classé la procédure pénale contre un prévenu et l’a condamné à supporter les frais de procédure. Ce dernier, assisté de son avocate commise d’office, s’est opposé à la décision concernant les frais de procédure devant la Cour suprême du canton de Zurich. Son avocate a demandé à pouvoir présenter sa note d’honoraires avant que la décision ne soit rendue. La Cour suprême a rejeté le recours et a accordé à l’avocate une indemnité de 600 francs en tant qu’avocate commise d’office pour la procédure de recours.
Celle-ci réclame devant le Tribunal pénal fédéral, par la voie du recours, des honoraires d’un montant de 2706 francs pour la procédure devant la Cour suprême. Le Tribunal pénal fédéral a annulé à deux reprises la décision de la Cour suprême zurichoise portant sur les honoraires. Après un troisième recours, le Tribunal pénal fédéral a rendu sa décision sur le fond.
Extraits des considérants
3.3. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es zulässig, für das Anwaltshonorar Pauschalen vorzusehen. Die Festsetzung des Honorars im Rahmen einer Pauschale verletzt als solche das Recht auf effektive Verteidigung gemäss Art. 32 Abs. 2 BV nicht (BGE 141 I 124, E. 4.2). Pauschalen nach Rahmentarifen erweisen sich aber dann als verfassungswidrig, wenn sie auf die konkreten Verhältnisse in keiner Weise Rücksicht nehmen und im Einzelfall ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den von der Rechtsanwältin oder vom Rechtsanwalt geleisteten Diensten stehen (BGE 141 I 124, E. 4.3 mit Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichts 6B_856/2009 vom 9. November 2009, E. 4.4).
4.1. In seiner ersten, die vorliegende Streitsache betreffenden Verfügung vom 27. September 2023 hielt der Einzelrichter der Beschwerdekammer insbesondere fest, aus der ungenügenden Begründung der Beschwerdegegnerin in deren Verfügung vom 27. März 2023 werde nicht ersichtlich, ob und in welchem Ausmass sie ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem Streitwert und dem notwendigen Zeitaufwand der amtlichen Verteidigung annehme bzw. auf wie viele Stunden sie diesen veranschlage und inwiefern sie diesen bei der Berechnung ihrer Entschädigung mitberücksichtige.
4.4. Obwohl die Beschwerdegegnerin nunmehr ausdrücklich auf die oben erwähnte Kritik (siehe E. 4.1) an ihrer aufgehobenen Verfügung vom 27. März 2023 Bezug nahm, unterliess sie es auch in ihrer neuen Verfügung vom 9. Oktober 2023, sich konkret zum notwendigen Zeitaufwand der Beschwerdeführerin im kantonalen Beschwerdeverfahren zu äussern. In E. 3.5 der angefochtenen Verfügung hält sie hierzu lediglich fest, dieser sei nicht beziffert worden, und spielt damit vermutlich auf den Umstand an, dass die Beschwerdeführerin im obergerichtlichen Beschwerdeverfahren keine Honorarnote eingereicht habe.
Die Beschwerdegegnerin verkennt dabei, dass die Justizbehörden den notwendigen Zeitaufwand aufgrund der Akten zu schätzen haben, wenn sich die Gebühr nach diesem richtet und keine Honorarnote vorliegt. Dasselbe gilt auch, wenn es sich beim notwendigen Zeitaufwand um ein Kriterium für die Erhöhung oder Ermässigung der Gebühr handelt. Wie bereits in der aufgehobenen Verfügung vom 27. März 2023 gibt die Beschwerdegegnerin zu erkennen, dass sie von einem offensichtlichen Missverhältnis zwischen dem Streitwert und dem notwendigen Zeitaufwand der Vertretung im Sinne von § 2 Abs. 2 AnwGebV/ZH ausgeht.
Da sie es aber erneut unterlassen hat, ihrer Obliegenheit nachzukommen und den notwendigen Zeitaufwand zu schätzen, ist aufgrund der nunmehr angefochtenen Verfügung nach wie vor nicht ersichtlich, in welchem Ausmass die Beschwerdegegnerin ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem Streitwert und dem notwendigen Zeitaufwand der amtlichen Verteidigung annimmt. Aufgrund der fehlenden Schätzung dieses notwendigen Zeitaufwands bleibt auch nicht nachvollziehbar, inwiefern sie diesen bei der Berechnung ihrer Entschädigung mitberücksichtigt.
Der blosse Hinweis der Beschwerdegegnerin, sie habe dem (nicht bezifferten) notwendigen Zeitaufwand mit einer Vervierfachung des Maximalbetrags des einschlägigen Gebührenrahmens bereits erheblich Rechnung getragen, bleibt diesen Punkt betreffend ohne Aussagekraft. Damit bleibt für die Rechtsmittelinstanz namentlich auch unklar, ob und inwiefern die von der Beschwerdegegnerin festgelegte Pauschale auf die konkreten Verhältnisse tatsächlich Rücksicht nimmt und in welchem Verhältnis sie zu den von der Beschwerdeführerin geleisteten Diensten steht. Damit erlaubt die Begründung der angefochtenen Verfügung keine Beurteilung der festgelegten Pauschale auf ihre Verfassungsmässigkeit hin. Sie erweist sich nach wie vor als ungenügend.
4.5. Als Sachgericht ist die Beschwerdegegnerin am besten in der Lage, die Angemessenheit der anwaltlichen Bemühungen zu beurteilen, weshalb ihr ein erheblicher Ermessensspielraum zusteht (vgl. BGE 141 I 124, E. 3.2, S. 126). Diese Sachnähe spricht im Falle einer unzureichenden Begründung eigentlich für eine Rückweisung der Streitfrage an die Beschwerdegegnerin.
Nachdem es die Beschwerdegegnerin nun aber bereits in zwei Verfahren unterlassen hat, ihrer Obliegenheit zur Schätzung des notwendigen Aufwands nachzukommen, und sie sich auch im Rahmen des zweiten Beschwerdeverfahrens in derselben Sache nirgends zu dieser Frage oder auch konkret zur Angemessenheit der von der Beschwerdeführerin nachträglich vorgelegten Leistungsübersicht äussern mochte, ist es – auch zur Vermeidung weiterer Verzögerungen – angezeigt, dass der erneut angerufene Einzelrichter gestützt auf Art. 397 Abs. 2 StPO selbst einen Entscheid in der Sache fällt.
5.4. Das pauschalisierende Vorgehen sieht gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung keine systematische «Kontrollrechnung» mit einem bestimmten Stundenansatz vor (vgl. BGE 143 IV 453, E. 2.5.1, S. 455). Dennoch ist im vorliegenden Fall festzuhalten, dass der der Beschwerdeführerin zugesprochene Nettobetrag von 600 Franken mit Blick auf den gemäss § 3 AnwGebV/ZH für nach Zeitaufwand bemessenen Gebühren grundsätzlich massgebenden Stundenansatz von 220 Franken einer Entschädigung von 2,73 Stunden entspräche. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber in ihrer nachträglich vorgelegten Leistungserfassung einen Aufwand von 11,42 Stunden geltend.
5.5. Der Umfang der von der Beschwerdeführerin im kantonalen Beschwerdeverfahren verfassten Eingaben beträgt (netto) zehn Seiten für die Beschwerde sowie drei Seiten für die Kurzreplik. Keine der Eingaben scheint inhaltlich ausufernd oder übertrieben zu sein. Die Argumentation erscheint durchwegs sachbezogen. Neben der Frage nach der Rechtmässigkeit der Kostenauflage an sich hatte die Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde auch die Genugtuungsforderung des vormals Beschuldigten für den erlittenen Freiheitsentzug zu substanziieren.
Aufgrund der vorliegenden Akten veranschlagt der angerufene Einzelrichter den notwendigen Aufwand im Sinne von § 2 Abs. 2 AnwGebV/ZH für das kantonale Beschwerdeverfahren auf sieben Stunden. Die von der Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin zugesprochene Entschädigung in der Höhe von (netto) 600 Franken würde diesbezüglich einem Stundenansatz von unter 100 Franken entsprechen. Deren Bemessung durch die Beschwerdegegnerin nimmt offensichtlich zu wenig Rücksicht auf die konkreten Verhältnisse des Einzelfalls. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet.
6. Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Ziff. 1 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung ist im Sinne der Erwägungen abzuändern. Diese lautet neu: «Die amtliche Verteidigerin wird für das vorerwähnte Verfahren aus der Gerichtskasse entschädigt mit total Fr. 1615.50 (Fr. 1500.– zzgl. 7,7 Prozent MwSt., ausmachend Fr. 115.50)».
Tribunal pénal fédéral, arrêt BB.2023.182 du 6.6.2024.
Loi sur les avocats
Les avocats de la défense peuvent contacter les lésés
Un avocat de la défense a écrit à la partie plaignante pour lui demander si elle souhaitait retirer sa plainte pénale. Selon l’autorité de surveillance, une telle démarche ne constitue pas une violation des règles professionnelles.
État de fait
Un avocat bâlois a représenté sa cliente dans une procédure pénale dans laquelle elle a été condamnée par ordonnance pénale pour diverses infractions. Fin 2023, l’avocat a formé opposition à l’ordonnance. Peu de temps après, il a écrit un courriel à l’une des victimes pour lui expliquer que sa cliente était en incapacité de travail en raison de son épilepsie et d’un trouble sévère, et qu’elle ne se souvenait pas de l’incident. Il s’est excusé au nom de sa cliente et a demandé à la victime de retirer sa plainte pénale. Le procureur y a vu une tentative d’influencer un témoin et a dénoncé l’avocat à l’autorité de surveillance.
Extraits des considérants
2.2.2. Die berufsrechtlich gebotene Gewissenhaftigkeit (Art. 12 lit. a BGFA) verpflichtet den Anwalt, ausschliesslich mit rechtlich zulässigen Mitteln zu arbeiten. Dem Anwalt ist es daher verboten, bewusst unwahre Behauptungen aufzustellen, das Gericht oder Behörden durch Auflage unrichtiger Beweismittel über einen für die Beurteilung wesentlichen Sachverhalt irrezuführen, Zeugen zu beeinflussen oder mit rechtswidrigen Drohungen auf die Gegenpartei oder den Gang eines Verfahrens einzuwirken (Fellmann, Anwaltsrecht, 2. Auflage, Bern 2017, N 262; VGE VD.2019.205 vom 23. April 2020, E. 3.1).
Mit der selbständigen Kontaktaufnahme mit einer Person, die als Zeuge in Betracht kommt, ist stets eine zumindest abstrakte Gefahr verbunden, dass diese im Prozess nicht mehr unvoreingenommen aussagt (BGE 136 11 551, E. 3.2.1; Brunner / Henn / Kriesi, Anwaltsrecht, Zürich 2015, S. 87). Der vorgängige Zeugenkontakt ist nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung indessen nicht absolut verboten. Die Kontaktnahme ist ausnahmsweise zulässig, wenn sie erstens sachlich notwendig ist, zweitens so ausgestaltet ist, dass jede Beeinflussung vermieden wird und die störungsfreie Sachverhaltsermittlung durch die Behörden gewährleistet bleibt, und drittens die Befragung im Interesse des Mandanten liegt (BGE 136 II 551, E. 3.2.2 ff.; näher dazu auch Fellmann, a.a.O., N 230 ff.; Brunner / Henn / Kriese, a.a.O., S. 88 f.).
2.3. Die E-Mail des beanzeigten Advokaten an Frau K. vom 4. Januar 2024 war offensichtlich nicht darauf gerichtet, ihr künftiges Aussageverhalten zu beeinflussen.
Dem beanzeigten Advokaten ging es ausschliesslich darum, sich im Namen seiner Mandantin für deren Verhalten am 7. Mai 2022, das er mit ihrer psychischen Erkrankung erklärte, zu entschuldigen und Frau K. zum Rückzug ihrer Strafanzeige zu bewegen.
Dass bei Antragsdelikten wie vorliegend der Beschimpfung (Art. 177 StGB) und der Sachbeschädigung (Art. 144 StGB) eine Einigung mit der Antragstellerin versucht wird, ist gängige Praxis und in keiner Weise zu beanstanden. Die Absicht einer eigentlichen privaten Zeugenbefragung im Vorfeld der Befragung durch die Staatsanwaltschaft ist in dieser Kontaktnahme nicht zu erkennen.
Der beanzeigte Advokat machte zwar Ausführungen zur Motivation der in den anderen vier Fällen involvierten Gruppe von Frauen, offenbar alles Hundebesitzerinnen, welche es nach seiner Darstellung darauf abgesehen hatten, seiner Klientin ihren geliebten Hund behördlich wegnehmen zu lassen, und zum Umstand, dass – wiederum nach seiner Darstellung – seine Mandantin mindestens in einem Fall ihrerseits zum Opfer tätlicher Übergriffe ihrer Widersacherinnen geworden war. Dies geschah aber gemäss seinen Ausführungen vor dem Hintergrund, dass Frau K. der Strafbefehl, welcher im Übrigen ausschliesslich die beanzeigten Auseinandersetzungen mit den erwähnten Hundebesitzerinnen zum Gegenstand hatte und welcher nach seiner Auffassung das Geschehen sehr einseitig dargestellt hatte, ebenfalls zugestellt worden war.
Der beanzeigte Advokat warb demnach um Verständnis für die Vorgeschichte wie auch die emotionale Notlage seiner Mandantin und wollte auch auf diese Weise Frau K. zum Rückzug ihrer Strafanzeige bewegen. Dass Frau K. in die übrigen vier beanzeigten Vorfällen, wegen derer Frau G. sonst verurteilt worden war, verwickelt gewesen wäre und infolgedessen als Zeugin hierzu hätte befragt werden sollen, wird vom Anzeigesteller nicht dargetan und ergibt sich auch nicht aus den vom beanzeigten Advokaten eingereichten Unterlagen.
Was die (damals noch anstehende) Befragung von Frau K. in eigener Sache angeht, ergibt sich aus den zur Verfügung gestellten Akten nicht, ob im Zeitpunkt des Versands der inkriminierten E-Mail am 4. Januar 2024 bereits festgestanden hat, ob Frau K. als Zeugin oder Auskunftsperson befragt würde. Unabhängig davon weist in dieser Nachricht absolut nichts darauf hin, dass der beanzeigte Advokat Frau K. in irgendeiner Weise aufgefordert oder gar unter Druck gesetzt hätte, den Sachverhalt anders darzustellen, als sie dies bereits getan hatte.
Eine unzulässige Zeugenbeeinflussung liegt demnach nicht vor, umso mehr, als es im Nachgang zur E-Mail vom 4. Januar 2024 offenbar auch nicht zu einem Treffen des beanzeigten Advokaten mit Frau K. gekommen ist, wie es von ihm angeboten worden war. Ein Verstoss gegen die anwaltliche Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Berufsausübung (Art. 12 lit. a BGFA) ist unter diesen Umständen zu verneinen.
Autorité de surveillance des avocates et des avocats du canton de Bâle-Ville, décision AK.2024.6 du 15.4.2024.
Procédure administrative
En cas de licenciement, les voies de droit doivent être indiquées
Lors de la résiliation d’un contrat de travail de droit public, l’employeur devra indiquer les voies de droit pour contester cette décision.
État de fait
La directrice d’un centre médico-social du canton de Zurich a été licenciée pour la fin du mois de juin 2023. À sa demande, elle a reçu une lettre indiquant les motifs du licenciement, mais sans indication des voies de droit. Elle a déposé un recours auprès du conseil de district et a demandé une indemnité de six mois de salaire, ainsi que le versement de l’avoir des vacances. Le conseil de district n’est pas entré en matière, le recours ayant été déposé hors délai. La directrice a alors recouru auprès du tribunal administratif, et a demandé que la décision attaquée soit annulée et qu’une décision soit rendue sur le fond en arguant qu’elle n’avait pas été informée du délai de recours. Le Tribunal administratif du canton de Zurich a admis son recours.
Extraits des considérants
3.1 Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 VRG ist der Rekurs innert 30 Tagen bei der Rekursinstanz schriftlich einzureichen. Diese Frist beginnt gemäss § 11 Abs. 1 Satz 1 VRG am Tag nach Eröffnung der Ausgangsverfügung. Wird eine Kündigungsverfügung unbegründet eröffnet, beginnt die Rechtsmittelfrist erst mit Zustellung der begründeten Kündigungsverfügung zu laufen (§ 10a lit. b VRG). Gemäss unbestritten gebliebener Darstellung wurde die Kündigungsbegründung der Beschwerdeführerin am 1. März 2023 übergeben.
Die Rechtsmittelfrist hätte demnach am (Freitag, dem) 31. März 2023 geendet. Der erst am (Mittwoch, dem) 5. April 2023 erhobene Rekurs erwiese sich damit als verspätet. Das anerkennt auch die Beschwerdeführerin; sie macht aber geltend, weil die Ausgangsverfügung keine Rechtsmittelbelehrung enthalten habe, liege keine verspätete Rekurserhebung vor.
3.2 Nach § 10 Abs. 1 VRG sind schriftliche Anordnungen zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen. Die Rechtsmittelbelehrung ist formelles Gültigkeitserfordernis einer Anordnung; fehlt sie, beginnt die Rechtsmittelfrist nicht zu laufen und kann eine Anordnung grundsätzlich nicht in Rechtskraft erwachsen.
Allerdings können Adressaten einer ohne Rechtsmittelbelehrung eröffneten Anordnung nach Treu und Glauben nicht beliebig lange mit der Anfechtung zuwarten; vielmehr sind sie gehalten, die Anordnung innert nützlicher Frist anzufechten bzw. sich zumindest nach dem Rechtsmittel zu erkundigen. Wie lange nach Treu und Glauben mit dem Tätigwerden zugewartet werden kann, ist von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängig, wobei bei rechtskundigen oder rechtskundig vertretenen Personen ein strengerer Massstab angesetzt wird als bei Laien.
Vorliegend enthielten weder das Kündigungsschreiben vom 27. Dezember 2022 noch das Begründungsschreiben vom 20. Februar 2023 eine Rechtsmittelbelehrung oder überhaupt einen Hinweis auf die Anfechtbarkeit. Einzig die Möglichkeit, innert 30 Tagen eine Begründung zu verlangen, wird im Schreiben vom 27. Dezember 2022 erwähnt, dies allerdings wiederum, ohne darauf hinzuweisen, dass das Anfechtungsrecht verwirkt, wenn nicht innert Frist eine Begründung verlangt wird. Dieses Schreiben vermittelt im Übrigen den Eindruck, der Beschwerdegegner habe damit ein Gestaltungsrecht ausgeübt und nicht über ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis verfügt.
Beim Begründungsschreiben vom 20. Februar 2023 handelt es sich sodann nicht um eine begründete Kündigung, sondern nur um eine Aufzählung von Kündigungsgründen. Dementsprechend ist für Laien kaum erkennbar, dass mit diesem Schreiben der Rechtsmittelweg gegen die Kündigung eröffnet wird. Schliesslich ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass dieses Schreiben der Beschwerdeführerin übergeben und damit in eher informellem Rahmen statt auf dem üblichen Weg mittels eingeschriebener Sendung eröffnet wurde.
Angesichts dieser Umstände konnte die Beschwerdeführerin die Anfechtbarkeit des Schreibens vom 20. Februar 2023 nicht ohne weiteres erkennen. Entgegen der Vorinstanz ist die Beschwerdeführerin sodann nicht allein deswegen als prozesserfahren anzusehen, weil sie in einem personalrechtlichen Rekursverfahren namens des Beschwerdegegners Kündigung und Rekursantwort unterzeichnete. Auch aus ihrer Stellung als Heimleiterin lässt sich nicht schliessen, dass sie trotz fehlender Rechtsmittelbelehrung hätte erkennen müssen, dass mit Übergabe der Kündigungsbegründung eine Rechtsmittelfrist von 30 Tagen zu laufen begann.
Angesichts der schweren formellen Mängel, die sowohl dem Kündigungsschreiben als auch dem Begründungsschreiben anhaften, wurde die Beschwerdeführerin mit ihrer Rekurserhebung fünf Tage bzw. drei Arbeitstage nach Ablauf der Rekursfrist noch innert nützlicher Frist tätig. Die Vorinstanz ist demnach zu Unrecht auf den Rekurs nicht eingetreten.
4. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gutzuheissen und der Beschluss der Vorinstanz vom 16. August 2023 aufzuheben. Die Angelegenheit ist zur weiteren Behandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Tribunal administratif du canton de Zurich, décision VB.2023.00553 du 21.12.2023.
Droit des poursuites
Aucun abus de droit
Des poursuites répétées pour la même créance ne sont pas nécessairement constitutives d’un abus de droit.
État de fait
Le recourant est un gérant de fortune de la région bâloise qui a conseillé une entrepreneuse entre 2005 et 2014 sur des questions concernant la fiscalité et les entreprises. Il a perçu pour ses conseils plus de 248 000 francs d’honoraires. Après le décès de l’entrepreneuse, son fils demande le remboursement des honoraires perçus et lui adresse de multiples commandements de payer, portant tous sur une même créance de près de 374 000 francs. Le gérant de fortune dépose une plainte contre ces poursuites, considérant qu’elles doivent être déclarées nulles au motif qu’elles auraient pour seul but de le diffamer. L’autorité cantonale de surveillance rejette la plainte.
Extraits des considérants
2.2. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung kann eine Betreibung nichtig sein, wenn der Betreibende mehrere Zahlungsbefehle für dieselbe Forderung und über gewichtige Beträge zustellen lässt, ohne jemals Rechtsöffnung zu verlangen oder die Anerkennungsklage zu erheben, wenn er gegen eine Person den Betreibungsweg beschreitet mit dem einzigen Zweck, deren guten Ruf zu schädigen, oder wenn er vor dem Betreibungsamt oder vor dem Betriebenen selbst erklärt, nicht gegen den effektiven Schuldner vorzugehen (BGer 5A_563/2018 vom 12. August 2019, E. 3.5.1; 5A_595/2012 vom 24. Oktober 2012, E. 4, in: SJ 2013 I 188; BGE 115 III 18, E. 3b; James T. Peter in: Basler Kommentar Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs I, Daniel Staehelin, Thomas Bauer, Franco Lorandi (Hrsg.), 3. Aufl., 2021, Art. 8a, N 39).
Dagegen ist die Betreibung nicht schon deswegen nichtig, weil die in Betreibung gesetzte Forderung angeblich rechtsmissbräuchlich sei; darüber hat der ordentliche Richter zu befinden (BGer 5A_563/2018 vom 12. August 2019, E. 3.5.1 m.w.H.; BGE 113 III 2, E. 2b). Es stellt ausserdem keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn der Gläubiger den gesetzlich vorgesehenen Weg der Verjährungsunterbrechung durch Schuldbetreibung einschlägt (Art. 135 Ziff. 2 OR; BGer 5A_252/2015 vom 10. September 2015, E. 4.2; BSK SchKG I-Peter, 3. Aufl., 2021, Art. 8a, N 39).
2.3. Der Beschwerdeführer bringt vorliegend selbst vor, dass der Betreibungsgläubiger B. mit seiner Betreibungsforderung in Höhe von Fr. 373 912.50 in der Betreibung Nr. X die Rückforderung von Honorarbezügen des Beschwerdeführers zwischen 2004 und 2014 geltend macht, wie sich auch aus dem Forderungsgrund im Betreibungsbegehren des Betreibungsgläubigers und im ausgestellten Zahlungsbefehl vom 12. Dezember 2023 ergibt.
Zur Betreibungsforderung hält der Betreibungsgläubiger fest, dass er die Honorarbezüge des Beschwerdeführers als ungerechtfertigt erachte und teilweise zurückfordere. Damit liegt kein Sachverhalt vor, wonach der Betreibungsgläubiger mit seiner Betreibung ganz offensichtlich sachfremde Ziele verfolgt, die nicht das Geringste mit der Zwangsvollstreckung zu tun haben.
Aufgrund der der Betreibungsforderung zugrunde liegenden Honorarstreitigkeit kann ebenso wenig festgestellt werden, dass es dem Betreibungsgläubiger offensichtlich einzig darum gehe, die Kreditwürdigkeit des Beschwerdeführers zu schädigen oder diesen zu diffamieren. Unbestritten ist sodann, dass die Betreibung zum Zweck der Verjährungsunterbrechung erfolgt ist, was ebenfalls aus dem Forderungsgrund im Betreibungsbegehren des Betreibungsgläubigers und im ausgestellten Zahlungsbefehl vom 12. Dezember 2023 hervorgeht und gegen eine offensichtlich rechtsmissbräuchliche Betreibung spricht.
Hingegen könnte Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegen, wenn der Betreibungsgläubiger für dieselbe Forderung von Fr. 373 912.50 tatsächlich mehrere Betreibungen eingeleitet hätte, ohne jemals Rechtsöffnung verlangt oder die Anerkennungsklage erhoben zu haben.
Aus einer vom Beschwerdeführer erstellten Übersicht vom 19. Januar 2024 ist zu entnehmen, dass ihm zwischen 18. Dezember 2019 und 11. Januar 2024 insgesamt 17 Zahlungsbefehle zugestellt worden sein sollen, wobei auf diesen Zahlungsbefehlen entweder der Betreibungsgläubiger B., die Y. AG oder die Z. AG als Gläubigerschaft ausgewiesen sein sollen.
Zumal eine Aktiengesellschaft eine eigenständige juristische und wirtschaftliche Rechtseinheit mit eigenen Rechten und Pflichten darstellt sowie selbst betreibungsfähig ist, sind die Betreibungsforderungen in den Betreibungsbegehren der Aktiengesellschaften von denjenigen des Betreibungsgläubigers zu unterscheiden. Gemäss genannter Übersicht soll der Betreibungsgläubiger am 18./19. Dezember 2019, am 18. Januar 2021, am 14. Januar 2022 und am 11. Januar 2024 jeweils Zahlungsbefehle für eine Forderung von Fr. 373 912.55 (in den ersten zwei Betreibungen) bzw. Fr. 373 912.50 (in den letzten zwei Betreibungen) zugestellt haben lassen.
Der Beschwerdeführer gibt allerdings auf seiner Übersicht selbst an, dass der Betreibungsgläubiger in der vorliegenden Betreibung Nr. X erstmals handelnd für sämtliche Erben der Erbengemeinschaft E. die Betreibungsforderung gestellt habe. Anhand der Akten lässt sich für die Aufsichtsbehörde lediglich der letzte Teil des Sachverhaltsvortrags des Beschwerdeführers bestätigen, wonach B. handelnd für die Erbengemeinschaft E. die Betreibung Nr. X gegen den Beschwerdeführer eingeleitet hat. Selbst wenn der gesamte Sachverhaltsvortrag des Beschwerdeführers zutreffend wäre und er insgesamt 17 Mal vom Betreibungsgläubiger, von der Y. AG oder der Z. AG betrieben worden wäre, ist er mit der hier zu beurteilenden Betreibung Nr. X das erste Mal von der Erbengemeinschaft E. für eine Forderung von Fr. 373 912.50 betrieben worden.
Die Betreibung Nr. X des Betreibungsgläubigers B., handelnd für die Erbengemeinschaft E., erweist sich demnach nicht als offensichtlich rechtsmissbräuchlich, womit die Beschwerde vom 20. Januar 2024 abgewiesen werden muss.
4.4. In Bezug auf das Argument des Beschwerdeführers, das Ziel seiner Beschwerde liege darin, die Kenntnisgabe dieser Betreibung an Dritte durch das Betreibungsamt Basel Landschaft zu verhindern, ist ihm zu entgegnen, dass der Gesetzgeber mit Art. 8a Abs. 3 lit. d SchKG per 1. Januar 2019 ein neues Verfahren eingeführt hat, gestützt auf welches ein Schuldner vom zuständigen Betreibungsamt unter gewissen Voraussetzungen die Nichtbekanntgabe von Betreibungen an Dritte verlangen kann.
Dieses Instrument hat der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben mit Bezug auf 15 vorerwähnte Betreibungen erfolgreich eingesetzt, um den negativen Folgen der Betreibungen entgegenzuwirken. Die dabei entstandenen Kosten des Beschwerdeführers könnten allenfalls im Rahmen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens über die geltend gemachte Betreibungsforderung widerklage- oder verrechnungsweise zurückverlangt werden.
Autorité de surveillance en matière de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Bâle-Campagne, décision 420 24 14 du 19.3.2024.